Steuerermäßigung ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen
Steuerpflichtige können für Aufwendungen für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen zugunsten eines Dritten, der nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen wohnt, eine Steuerermäßigung von 20 %, maximal 4.000 €/Jahr, geltend machen. Für die Steuerermäßigung ist eine Überweisung nicht erforderlich, sondern es genügt, wenn der Betrag in bar gezahlt worden ist. Allerdings muss der Steuerpflichtige die Zahlung hierbei nachweisen.
Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Ermäßigung beträgt 20 % der Aufwendungen und wird direkt von der Steuer abgezogen; maximal beläuft sich die Ermäßigung aber auf 4.000 €.
Streitfall: Die Klägerin hatte eine pflegebedürftige Mutter, die in ihrem eigenen Haushalt ca. 100 km vom Haushalt der Klägerin entfernt lebte. Mit einer Sozialstation wurde ein Pflegevertrag abgeschlossen, wonach die Mutter betreut und gepflegt werden sollte; im Pflegevertrag wurde sowohl die Klägerin als auch ihre Mutter als Leistungsnehmer bezeichnet. In den Rechnungen der Sozialstation wurde die Mutter als Rechnungsempfängerin ausgewiesen; bezahlt wurden die Rechnungen aber durch die Klägerin, die hierfür eine Steuerermäßigung geltend machte. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nicht, weil die Rechnung an die Mutter der Klägerin adressiert war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Steuerermäßigung für denkbar, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Die Leistungen der Sozialstation waren steuerlich begünstigte Pflegeleistungen. Hierzu gehören sowohl die sog. Grundpflegemaßnahmen wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität als auch Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung, z.B. Einkaufen, Kochen und Putzen.
Die Steuerermäßigung setzt einen bestimmten Grad der Pflegebedürftigkeit nicht voraus.
Für die Steuerermäßigung ist es nicht erforderlich, dass die gepflegte Person (Mutter der Klägerin) im Haushalt des Steuerpflichtigen, d.h. der Klägerin, wohnt. Die Klägerin kann daher ihre Mutter in deren Haushalt pflegen lassen und hierfür eine Steuerermäßigung beantragen.
Ferner setzt die Steuerermäßigung nicht voraus, dass die Leistungen durch Banküberweisungen bezahlt werden. Ebenso wenig muss der Steuerpflichtige über eine an ihn adressierte Rechnung verfügen.
Allerdings steht nicht fest, ob die Klägerin eigene Aufwendungen getragen hat, weil sie den Vertrag mit der Sozialstation abgeschlossen hat, oder ob die Klägerin Aufwendungen ihrer Mutter getragen hat, weil der Vertrag mit der Mutter geschlossen worden ist; bei Vertragsabschluss durch die Mutter würde es sich dann um sog. Drittaufwand handeln, der steuerlich nicht begünstigt wäre.
Hinweise: Das FG muss nun aufklären, wer den Vertrag mit der Sozialstation abgeschlossen hat: die Klägerin (die Klage hätte dann Erfolg) oder aber die Mutter (die Klage wäre dann unbegründet). Sollte die Klägerin ihre Mutter beim Vertragsabschluss vertreten haben, hätte die Klage ebenfalls keinen Erfolg, weil dann ebenfalls die Mutter Vertragspartnerin wäre.
Der Fall zeigt, dass bei Abschluss von Pflegeverträgen vorab geprüft werden sollte, wer den Vertrag abschließt und die Leistungen bezahlt. Nur der Vertragspartner der Sozial- bzw. Pflegestation kann für die Aufwendungen eine Steuerermäßigung geltend machen.
Eine Steuerermäßigung wird auch für Aufwendungen gewährt, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Diese Steuerermäßigung kann aber nur die Person in Anspruch nehmen, die stationär untergebracht ist bzw. gepflegt wird. Dies hat der BFH im Jahr 2019 entschieden.
Quelle: BFH, Urteil v. 12.4.2022 – VI R 2/20; NWB