Verjährung bei der Festsetzung von Nachzahlungszinsen
Die Verjährung für die Festsetzung von Nachzahlungszinsen tritt ein Jahr nach Ablauf des Jahres ein, in dem die Steuern festgesetzt worden sind. Die zweijährige Ablaufhemmung, die im Verhältnis von sog. Grundlagenbescheiden zu Folgebescheiden gilt, ist auf Zinsbescheide grundsätzlich nicht anwendbar.
Hintergrund: Nach dem Gesetz beträgt die Festsetzungsfrist für Zinsen ein Jahr. Die Festsetzungsfrist beginnt bei Nachzahlungszinsen für Steuernachzahlungen mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer festgesetzt, aufgehoben oder korrigiert worden ist.
Wird ein sog. Grundlagenbescheid erlassen, der für eine Steuerfestsetzung bindend ist, tritt für den Steuerbescheid eine zweijährige Ablaufhemmung ein. Diesen Zeitraum kann das Finanzamt also in jedem Fall zur Auswertung des Grundlagenbescheids nutzen.
Sachverhalt: Das Finanzamt erließ am 19.7.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1999, aus denen sich hohe Nachzahlungen zu Lasten der Kläger ergaben. Am 10.2.2012 setzte das Finanzamt dann Nachzahlungszinsen für die Jahre 1996 bis 1999 in Höhe von insgesamt ca. 225.000 € fest. Die Kläger klagten gegen die Zinsfestsetzungen.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den Klägern Recht:
Die Festsetzungsfrist für die Zinsfestsetzungen begann mit Ablauf desjenigen Jahres, in dem die Steuern festgesetzt wurden, d.h. mit Ablauf des 31.12.2010, und betrug 1 Jahr. Damit trat mit Ablauf des 31.12.2011 Verjährung ein. Die Zinsen sind aber erst am 10.2.2012 festgesetzt worden und damit nach Eintritt der Verjährungsfrist.
Die zweijährige Ablaufhemmung, die für die Auswertung von Grundlagenbescheiden gilt, ist auf Nachzahlungszinsen nicht anwendbar. Zwar ist die Einkommensteuerfestsetzung ein Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung; die zweijährige Ablaufhemmung wird aber durch die Sonderregelung über die einjährige Festsetzungsfrist für Zinsbescheide verdrängt.
Würde die zweijährige Ablaufhemmung gelten, käme die einjährige Verjährungsfrist für Zinsfestsetzungen praktisch nie zum Zuge.
Hinweise: Das Finanzamt erlässt die Zinsfestsetzung in der Regel zusammen mit der Steuerfestsetzung. Eine Verjährung tritt dann nicht ein. Im Streitfall hat das Finanzamt aber zunächst nur die Steuerfestsetzung erstellt, nämlich im Juli 2010, und erst im Februar 2012, also mehr als eineinhalb Jahre später, die Zinsen festgesetzt. Dies war zu spät.
Die Höhe des Zinssatzes von 6 % ist derzeit verfahrensrechtlich umstritten. Hierzu sind Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Daher sollten Zinsfestsetzungen bereits aus diesem Grund mit einem Einspruch angefochten werden.
BFH, Urteil v. 16.1.2019 – X R 30/17; NWB